Übersetzer
Samstag, 23. Februar 2013
BBC London goes SBB - Tut Busse! Fahrt Bahn!
Donnerstag, 21. Februar 2013
Auf dem Kunstweg
Pontresina feiert seinen gefrorenen „International
Snow-Art Contest". Er begann im Dezember 2012 und endet im März 2013, wenn auch im Engadin die Temperatur ansteigen kann. Die Schau in Schnee und Eis will eine Hommage an die Schönheit, die Verwandlung und an
die Vergänglichkeit sein. Auf einem Kunstweg können Wanderer, Skifahrer,
Langläufer und Schlafwandler zahlreiche „Transitional Beauties“, vergängliche
Schönheiten, erleben. Kunstteams aus verschiedenen Ländern haben die Eisplastiken
erdacht und gebaut. Die vier liegenden Blöcke entlang einer Langlaufpiste hält ein Band aus Eis zusammen. Die Plastik schuf ein Team Böck/SWE. Edwin Böck ist der Head Sculpture, Lars Fager, Pelle
Hybinette seine Gehülfen? Die vier liegenden Blöcke bilden eine kreuzähnliche
Formation, wie dem Begleittext am Wegrand zu entnehmen ist. Die fesselnde Form
soll an die Schönheit und an die Faszination der Schweiz erinnern, die
Verschiedenheiten des Landes beschreiben, die sprachlichen, geographischen, kulturellen
und politischen. Die Statik, das Konstrukt, hält die Blöcke zusammen. Die vier
Eisbalken haben minimale Auflageflächen, wenig Berührungspunkte. Das Band
scheint wichtiger als die Blöcke. Das Werk aus Schnee und Eis hat einen luftigen
Kern. Im Zentrum ist nichts, Durchzug, Licht vielleicht, ein Windkanal, ein
Durchstich, ein Freiraum für die Kommunikation. Die zentrale Idee scheint in
den Blöcken zu ruhen. Sie liegen auf dem umklammernden Band. Ich stelle mir vor, wie das Kunstwerk wegrollt. Unten wird oben, links wird
rechts, Orientierungspunkte verschwinden. Hierarchien brechen weg. Die Eisplastik ist dem Klima unterworfen, der
Verwandlung und der Vergänglichkeit. Von der Kunst aus Eis und Schnee wird nichts als die Erinnerung an sie
bleiben. Die Schweiz bleibt, nicht als Eisblock, aber immerhin als Vorstellung.
Mittwoch, 20. Februar 2013
Baby-Boom und Fallpauschalen
Der Preis des Lebens
Fallpauschale? Ich doch nicht! |
Es brodelt in den Züricher Geburtskliniken und Geburtshäusern. 16 094 Babies kamen 2012 auf diese Welt. So viel neues Leben hat es pro Zeiteinheit seit den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht mehr gegeben, melden die Statistiker. Eine Geburt ist nicht billig. Eine Geburt hat für Spitäler und Krankenkassen einen Basisfallpreis von rund 10 000 Franken. Frühgeburten und Kaiserschnitte sind viel teurer. Für Spitäler und Geburtshäuser sind Neugeborene buchhalterisch Fallpauschalen. Die NZZ vom 20. Februar 2012 berichet auf der Seite Meinung & Debatten, der medizinische Teil des Gebärens sei für die Spitäler kein lukratives Geschäft. Die Gesundheitsmathematiker reden von der „Vorhalteleistung“, welche eine Geburt eines neuen Menschen erfordert. Diese Vorhalteleistung der Spitäler sei bei der natürlichen Geburt etwa gleich gross wie bei Frühgeburten und Kaiserschnitten, generierten jedoch für die Spitäler nur einen Bruchteil des Verdienstes. Die NZZ meint, Spitäler würden sich Geburtsabteilungen aus Imagegründen trotz fehlender Lukrativität leisten. Herzige Säuglinge machten sich eben für das Schaufenster besser als kranke Alte, die ebenfalls ein Heidengeld kosten. Der Babyboom beschränkt sicht nicht auf Zürich. 2011 registierte die Schweiz 80 800 Geburten, das sind 0,6 Prozent mehr als als im Jahr 2010. Im Zehnjahresvergleich hat das Verhältnis: Geburt pro Frau von 1.38 Kinder (2002) auf 1.52 Kinder (2012) zugenommen. Daraus lassen sich neue Zahlenmodelle ableiten. Der Schreiber der NZZ mahnt skeptische Stimmen an. Spitäler könnten sich den Babyboom zu Nutze machen und sich kleinere Betrügereien leisten, um an die fetten Pfründe für Kaiserschnitt- und Frühgeburten (mit den hochtechnisierten und teuren Inkubatoren) zu gelangen. Denn, so die NZZ, gebe es für Kaiserschnitte auch medizinische, nicht nur monetäre Gründe. Und beim Geburtsgewicht könne man, lässt sich sinngemäss schliessen, auch mal das eine oder andere Pfund nach unten korrigieren, damit buchhalterisch eine Frühgeburt herausschaue. Böse Ahnungen, nichts ist bewiesen. Richtig teuer bei den Basiskosten wird es beim jetzigen Babyboom in Zürich fünf Jahre nach dem ersten Geburtsschrei. Dann nämlich braucht Zürich im ganzen Kanton 160 neue Schulklassen, die dafür notwendigen Lehrer und Lehrerinnen, Schulräume und Turnhallen, Krippenplätze, Heilpädagogen und eine ganze Armada von weiteren Experten, ohne die heute eine normale Schule nicht mehr auszukommen scheint. Aber dafür gibt es noch keine Fallpauschale.
Samstag, 16. Februar 2013
Memento Mori
Der Tod als Farbrausch
Wenn der Mensch stirbt, bleiben die Knochen, das Skelett, das Gerippe. Der Tod gibt den Bau des äusseren Menschen frei, ein komplexes Zusammenspiel, das sechzig, ziebzig, achtzig, ja über hundert Jahre andauern kann. Skelette stehen für das Makabre, den Graus. Ein überwindbarer Zustand, wenn das Knochenkonstrukt in die Hände des Kunsthandwerks gerät. Wir haben es hier mit dem verschiedenen homo mediaticus zu tun, der über seinen Tod hinaus mit Kopfhörer verbunden ist mit Geräuschen, Musik, Stimmen und Stöhnen. Sein Mobile-Phone, der I-Pad und wie die diesseitigen Geräte heissen mögen, blieben zurück im Rausch der informierten, belebten Welt. Schon ist es still geworden, der Farbrausch im skeletierten Zustand wirkt, wird schwächer, matter, bis dass die Zeit auch der aufgemalten Fröhlichkeit ein Ende setzt. Jetzt, in der trockenen Luft des Schaufensters, trumpft der Tod auf, je nach Weltgegend. Bei uns gehen wir nach dem Tod in die Dunkelheit, in Asien ans Licht und in Teilen von Lateinamerika zum grossen Tor der Unendlichkeit. Unser Skelett ist Memento Mori, farbiger Bruder des Schlafs. Tod ist Transit. Was ihr seid, das waren wir; was wir sind, das werdet ihr.
Dienstag, 12. Februar 2013
Wem gehört Zürich?
Züri isch ois
Der Zürcher Bürkliplatz ist eine Baustelle. Er soll gemäss der Zürcher Eigenwerbung zum schönsten Platz der Schweiz aufgebrezelt werden. "Züri isch ois", (Zürich gehört uns) mit Ausrufezeichen, haben Sponties auf den gelben Baucontainer der Firma WALO gesprayt. Was hat Walo Bertschinger mit dem gesprayten Schriftzug zu tun? Wenig. Die mehr als einhundert Jahre alte Baufirma werkelt am Bürkliplatz, mehr nicht.
WALO, wie
der Baukonzern kurz heisst, baut aus Leidenschaft; mit der gleichen
Leidenschaft, mit der die Deutsche Bank geschäftet ("Leistung aus Leidenschaft").
WALO kann alles: Strassenbau, Tiefbau, Spezialtiefbau, Hochbau, Damm- und
Deponiebau, Gussasphalt, Lärmschutz, Industrieböden und Decorbeläge,
Untertagbau, Gleisbau / Bahntechnik, Betonsanierung, Sportbeläge,
TU-Infrastruktur und Wasserbau, alle Varianten von Asphalt- und Betonbelägen
für den Strassenbau, Asphaltabdichtungen für Staubecken und Deponien,
Industrieböden und Decorbeläge, sowie Böden für Sportanlagen im Aussen- und
Innenbereich.
„WALO kann auch Bürkliplatz“. Wäre ja gelacht. Der Baukonzern
zählt rund zweieinhalb Tausend Mitarbeiter und wies im Geschäftsjahr 2011 einen
Konzernumsatz von 757 Mio. Franken aus. Das einstige Familienunternehmen verlegte schon die ersten
Tramschienen an der Bahnhofstrasse. WALO ist also ein ganz gewöhnlicher Baukonzern.
Warum „Züri isch ois“? Wann immer in Zürich öffentlich "umgeackert" wird,
stellt sich diese Frage. Wem gehört eigentlich Zürich? Wie reich ist Zürich? Wer
nimmt Zürich in Beschlag? Wer baut Zürich um? Wem gehört der Bürkliplatz? Der
Züri-See? Den Schwimmern oder den Kursschiffen? Wer muss wem ausweichen? Die
Kursschiffe den Schwimmern oder die Schwimmer den Kursschiffen? Die Frage ist beantwortet. In Zürich gilt das Gesetz des Starken. Wozu ist der
See eigentlich da? Für die Menschen oder für die Schiffe? Tiefschürfende
Fragen, die in Zürich Antworten gefunden haben.
„Züri isch ois“. Zürich ist reich. Weil die Schweiz zu den reichsten
Ländern der Welt gehört, ist Greater Zurich vielleicht der reichste Ort des
Landes. Wer es ungefähr wisssen will: Von den 300 reichsten Individuen mit Wohnsitz
in der Schweiz leben die meisten in Zürich, gefolgt von Genf und der Waadt. Auf
den hinteren Rängen: Bern, Schwyz, Zug und Tessin. Achtung. Die Verhältnisse
ändern sich rasch; so rasch, wie aus einem verabschiedeten Doppelbesteuerungsabkommen Makulatur wird.
Superreiche
bevorzugen spektakuläre Lagen; dazu gehören die Ufer der grossen Schweizer
Seen. Wer ist reich? Der Basler Professor Ueli Mäder hat die Frage für uns
beantwortet. Reich sei, wer vom Ertrag seines Geldes gut leben könne, schreibt
Mäder. Dazu braucht es halt ein paar Millionen. Es gibt im Land rund 220 000
Personen, die ein Vermögen von mindestens einer Million Franken haben. 4000
Einwohner sollen ein Jahreseinkommen von mehr als einer Million Schweizer Franken
haben.
Professor Mäder hat recherchiert: Die Schweiz weist nach Singapur und
Hongkong die höchste Millionärsdichte der Welt auf. Es liegt nahe, dass viele
dieser Milliardäre in Greater Zurich leben und sich einst über den neuen
Bürkliplatz freuen werden. Schon jetzt soll jeder zehnte Milliardär dieser Welt
in der Schweiz und damit in Greater Zurich leben. Auch nach den Erschütterungen der Finanzkrise soll
sich das Vermögen der 100 Reichsten im Land von 66
Milliarden Franken auf 358 Milliarden vergrössert haben, glaubt die Zeitschrift
Bilanz zu wissen.
"Isch Züri ois“? In der Schweiz besitzen 3 Prozent der
privaten Steuerpflichtigen so viel Vermögen wie die restlichen 97 Prozent. Die
Vermögensschere ist nur in Namibia und Singapur grösser. Aber "Züri isch ois".
Mehr zum Thema:
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Ein Blick in die Zukunft |
Montag, 11. Februar 2013
Züri-Tram als rollender Sound-Körper
Weltstadt Zürich
Hit the road Jack, singt der
Tram-Musiker, der an einem stahlblauen Tag mit seinem Rollkoffer ins stahlblaue Zürcher-Tram
steigt. Er schaut nach links, nach rechts, nach vorne, nach hinten, wenig
Leute, er steht niemandem im Weg, er macht seinen Rollkoffer einen Spalt weit
auf, er dreht an den Knöpfen seiner mobilen Soundanlage. Bassgeräusche. Er probiert,
ob alles richtig eingestellt ist; der Tram-Musiker haucht erste Töne in seine grüne
Melodika. Los geht’s. Woo! Woman, oh woman, don't treat me so mean.
„Central“.
Die Leute schauen, hören, drehen sich um, Ältere nerven sich, Jüngere ignorieren das Gedudel.
„Helmhaus“.
I'd have to pack my things and go. Der Trammusiker gibt Vollgas, improvisiert auf seiner Melodika, was die klammen Tasten hergeben.
"Bellvue“.
Don't ya treat me this way cause I'll be back on my feet some day. Zürich ist jetzt Weltstadt. Strassenmusiker in der Strassenbahn – gefühlt streng verboten - singen, musizieren sich die Lebens- und Existenzkünstler durch die Zürcher Trams – und keiner schreitet ein. Und die Strassenmusiker bekommen Geld, wenn sie durch die Waggons gehen. In den Trams gibt es Pictogramm-Kleber, die allerlei Tätigkeiten, unter anderen Schwarzfahren und Musizieren, verbieten. Kann Musik und Singen verboten sein? Wenn denn nur böse Menschen keine Lieder haben? In grossen Städten wie New York, Hamburg und Mexico-City gehören Musiker und Performer, Gaukler, Verkäufer, Rezitatoren und Clowns in öffentlichen Verkehrsmitteln zum normalen, urbanen Tagesgeschäft, auf der Hatz nach einem müden Dollar, einem begehrten Euro und jetzt auch nach dem glänzenden Schweizer Franken. Zürich ist Weltstadt, und das mit weniger als 400 000 Einwohner.
„Central“.
Die Leute schauen, hören, drehen sich um, Ältere nerven sich, Jüngere ignorieren das Gedudel.
„Helmhaus“.
I'd have to pack my things and go. Der Trammusiker gibt Vollgas, improvisiert auf seiner Melodika, was die klammen Tasten hergeben.
"Bellvue“.
Don't ya treat me this way cause I'll be back on my feet some day. Zürich ist jetzt Weltstadt. Strassenmusiker in der Strassenbahn – gefühlt streng verboten - singen, musizieren sich die Lebens- und Existenzkünstler durch die Zürcher Trams – und keiner schreitet ein. Und die Strassenmusiker bekommen Geld, wenn sie durch die Waggons gehen. In den Trams gibt es Pictogramm-Kleber, die allerlei Tätigkeiten, unter anderen Schwarzfahren und Musizieren, verbieten. Kann Musik und Singen verboten sein? Wenn denn nur böse Menschen keine Lieder haben? In grossen Städten wie New York, Hamburg und Mexico-City gehören Musiker und Performer, Gaukler, Verkäufer, Rezitatoren und Clowns in öffentlichen Verkehrsmitteln zum normalen, urbanen Tagesgeschäft, auf der Hatz nach einem müden Dollar, einem begehrten Euro und jetzt auch nach dem glänzenden Schweizer Franken. Zürich ist Weltstadt, und das mit weniger als 400 000 Einwohner.
Dienstag, 5. Februar 2013
Mensch denk!
Viele Passanten und Wartende laufen jeden Tag an ihm vorbei,
am Menschen im Schaufenster. Während sie warten auf die
am Menschen im Schaufenster. Während sie warten auf die
Strassenbahn in Zürich, wo das Denken am
Morgen mit Natur-
pulver besser anspringt, ist der Mensch schon in Pose mit seinen fei-
nen Lebensempfindungen. Versunken wartet er auf kein Tram, ist
beschäftigt mit Denken. Er wirbt; er wirbt für Johanniskraut, in erdfar-
benen Kapseln, das schwere Wintergedanken, den Regen-Blues
und die Schnee-Melancholie verscheuchen soll. Dem Menschen im
Schaufenster sind Fahrpläne egal – uns trennt von ihm ein dickes Glas,
hinter dem die Versunkenheit so leicht und tief erscheint.
nen Lebensempfindungen. Versunken wartet er auf kein Tram, ist
beschäftigt mit Denken. Er wirbt; er wirbt für Johanniskraut, in erdfar-
benen Kapseln, das schwere Wintergedanken, den Regen-Blues
und die Schnee-Melancholie verscheuchen soll. Dem Menschen im
Schaufenster sind Fahrpläne egal – uns trennt von ihm ein dickes Glas,
hinter dem die Versunkenheit so leicht und tief erscheint.
Montag, 4. Februar 2013
Gleichgeschaltet?
Das tägliche Futter |
Wir sind, was wir lesen. Lesen wir, was wir sind?
Was bewegt jemanden, in Zürich
unter einen Bedienkasten der Pendler-Zeitung 20-Minuten das Wort „Gleichschaltung“ zu
sprayen? Ist da was dran? Mit wem oder was werden wir gegebenenfalls
gleichgeschaltet? Wie lebt es sich, wenn wir gleichgeschaltet sind? Hunderttausende
lesen täglich Salven von unverdauten, zusammengeklatschten Nachrichten, denen
gemeinsam ist, dass sie für das Verstehen des Zeitgeschehens irrelevant oder
unbrauchbar sind.
Beispiele? "Ehefrau von Konsul begeht Fahrerflucht", "Unterhosen für David-Statuen", "Geburtstagskinder haben ausgepustet", "Obama ernennt Managerin", "Kritik an Wohnmix", "Winter hüllt Zürich in goldenes Gewand", "Nationalrätin wechselt Namen", "angebliches Yeti-Fell stammt von einem Bären". Und trotzdem lesen wir diesen Verschnitt von Wortmüll. Dahinter, in rosa Farbe, ist der Back-up, der Blick am Abend. Wer am Morgen den Hals nicht genug voll bekommt von der blauen Irrelevanz, kann sich am Abend an der rosaroten Konkurrenz sättigen. Und wir sind satt, vollsatt sogar. Wer durch die Waggons der Pendler- und Fernverkehrszüge schreitet, dem schlägt die Omnipräsenz der medialen Irrelevanz mit Wucht entgegen. Die zurückgelassenen Bezahlzeitungen sind nur mit der Lupe zu finden. Das journalistische Gratis- und Strandgut liegt überall. Alle sind wir auf den schnellen Happen, die rasche Sättigung aus – und bleiben dabei uninformiert, pseudo-informiert, meinungs- und konturlos, rumpf-versorgt. Im Defizit. Die journalistischen Welt- und Realitätserklärer im Bereich des Kurzfutters wissen, was schmeckt, worin wir gern die Nase strecken, wo wir schnuppern und worüber wir gern schnattern. Ist das Gleichschaltung? Vielleicht nicht, aber Trug sicher. Wir versinken mit dem blauen Wunder im Kopf in der Meinungslosigkeit, im privaten, im künstlich aufgebauschten Skandal, bei der kurzatmigen Nachricht mit der Halbwertszeit von einer Millisekunde. Wir lecken am Zuckerguss, am Schaum des Zeitgeschehens. Jeder ist für den Grad seiner Informiertheit selbst verantwortlich. Wenn man sich freiwillig das Gratis-Pendlergut in den Rachen stecken lässt, muss man sich auch nicht fragen, warum die konturlose, öffentliche Verblödung zunimmt und uns überrollt.
Beispiele? "Ehefrau von Konsul begeht Fahrerflucht", "Unterhosen für David-Statuen", "Geburtstagskinder haben ausgepustet", "Obama ernennt Managerin", "Kritik an Wohnmix", "Winter hüllt Zürich in goldenes Gewand", "Nationalrätin wechselt Namen", "angebliches Yeti-Fell stammt von einem Bären". Und trotzdem lesen wir diesen Verschnitt von Wortmüll. Dahinter, in rosa Farbe, ist der Back-up, der Blick am Abend. Wer am Morgen den Hals nicht genug voll bekommt von der blauen Irrelevanz, kann sich am Abend an der rosaroten Konkurrenz sättigen. Und wir sind satt, vollsatt sogar. Wer durch die Waggons der Pendler- und Fernverkehrszüge schreitet, dem schlägt die Omnipräsenz der medialen Irrelevanz mit Wucht entgegen. Die zurückgelassenen Bezahlzeitungen sind nur mit der Lupe zu finden. Das journalistische Gratis- und Strandgut liegt überall. Alle sind wir auf den schnellen Happen, die rasche Sättigung aus – und bleiben dabei uninformiert, pseudo-informiert, meinungs- und konturlos, rumpf-versorgt. Im Defizit. Die journalistischen Welt- und Realitätserklärer im Bereich des Kurzfutters wissen, was schmeckt, worin wir gern die Nase strecken, wo wir schnuppern und worüber wir gern schnattern. Ist das Gleichschaltung? Vielleicht nicht, aber Trug sicher. Wir versinken mit dem blauen Wunder im Kopf in der Meinungslosigkeit, im privaten, im künstlich aufgebauschten Skandal, bei der kurzatmigen Nachricht mit der Halbwertszeit von einer Millisekunde. Wir lecken am Zuckerguss, am Schaum des Zeitgeschehens. Jeder ist für den Grad seiner Informiertheit selbst verantwortlich. Wenn man sich freiwillig das Gratis-Pendlergut in den Rachen stecken lässt, muss man sich auch nicht fragen, warum die konturlose, öffentliche Verblödung zunimmt und uns überrollt.
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